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Publisert 17. juni 2002 | Oppdatert 6. januar 2011

Regierung und Parlament wollen Fristenregelung einführen - Lebensschutz-Initiative will völliges Abtreibungsverbot

Bern, 31.5.02 (KAP) Die Schweizer entscheiden am Sonntag per Volksabstimmung über eine Änderung des Abtreibungsgesetzes. Den 4,8 Millionen Stimmberechtigten liegen zwei Anträge zur Entscheidung vor: Regierung und Parlamentsmehrheit plädieren dafür, dass der Schwangerschaftsabbruch bis zur zwölften Woche straffrei wird; für die anschließenden Wochen soll eine "erweiterte Indikationenregelung" gelten. Voraussetzung für Straffreiheit sind ein Beratungsgespräch mit einem Arzt und eine Erklärung der Frau, dass sie sich in einer Notlage befindet.

Dagegen fordert die ebenfalls zur Abstimmung stehende "Initiative für Mutter und Kind" ein totales Abtreibungsverbot außer bei Lebensgefahr für die Mutter. Vergewaltigung soll nicht als Ausnahmegrund gelten. Für dieses Konzept sammelte die Initiative nach eigenen Angaben bereits im Vorfeld 110.000 Unterschriften.

Bereits drei Mal - 1977, 1978 und 1985 - sind Volksabstimmungen und Parlamentsinitiativen zur Lockerung des Abtreibungsgesetzes gescheitert. Diesmal allerdings sieht es anders aus: Nach jüngsten Umfragen stimmen 63 Prozent der Wahlberechtigten einer Freigabe bis zur zwölften Woche zu, 24 Prozent sind dagegen und 13 Prozent noch unentschlossen. Nach dem bisher gültigen Gesetz ist eine Abtreibung nur bei medizinischen Indikationen erlaubt. Allerdings wenden die Kantone die Regelung unterschiedlich streng an; eine Art innerschweizerischer Abtreibungstourismus war die Folge. Eine Verurteilung wurde letztmals 1988 ausgesprochen. Schätzungen gehen von jährlich 12.000 bis 13.000 Abtreibungen in der Schweiz aus.

Nach Einschätzung der Regierung ist eine Anpassung an die Regelungen anderer europäischer Länder dringend nötig: Mit Irland sei die Schweiz das Land mit den restriktivsten Abtreibungsbestimmungen in Europa, hieß es.

Die katholischen Bischöfe sind mit keiner der beiden Alternativen glücklich, obwohl sie Abtreibungen strikt ablehnen. Scharfe Kritik äußerte die Bischofskonferenz im Vorfeld an der Fristenregelung. Der von der Regierung vorgelegte Reformvorschlag gehe zu sehr vom Selbstbestimmungsrecht der schwangeren Frau aus und trage den Rechten des ungeborenen Kindes sowie der Verantwortung des Arztes und des medizinischen Pflegepersonals zu wenig Rechnung, sagte der Konferenzvorsitzende und Churer Bischof Amedee Grab.

Notwendig sei darüber hinaus ein "flankierendes Paket gesetzlicher Maßnahmen zu Gunsten betroffener Frauen und des Familienschutzes". Schützenhilfe bei dieser Position erhielten die Bischöfe von mehr als 100 Prominenten, die sich in einer Anzeige Schweizer Zeitungen öffentlich für einen besseren Lebensschutz aussprachen. Mitunterzeichner war Ständeratspräsident Antoine Cottier.

Doch auch zur Initiative "Für Mutter und Kind" äußerten sich die Bischöfe distanziert. Zwar unterstütze der Episkopat das Grundanliegen. Doch angesichts der starken Zweifel an der gesellschaftlichen Durchsetzbarkeit des rigiden Verbots hätten die Bischöfe den Gläubigen keine Gewissensverpflichtung auferlegen wollen, sagte Grab.

Kathpress
31. mai 2002