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Publisert 22. februar 2002 | Oppdatert 6. januar 2011

Bern-Berlin, 20.2.02 (KAP) Für den Schweizer Judaisten und Historiker Ernst Ludwig Ehrlich reicht die Öffnung der vatikanischen Archive mit Material über Deutschland aus den Jahren 1922-39 nicht aus. Ehrlich bezeichnete die Ankündigung in einem Gespräch mit der deutschen katholischen Nachrichtenagentur KNA als "Schritt in die richtige Richtung", der aber weder ein Durchbruch noch eine Sensation darstelle. Rom versuche damit, nach außen hin Aggressionen abzubauen. Zugleich warnte Ehrlich, der auch Ehren-Vizepräsident des europäischen "B'nai B'rith" ist, erneut vor einer Seligsprechung von Papst Pius XII. Dieser habe entscheidende Bemühungen zur Rettung der römischen Juden unterlassen.

Zu der Aktenfreigabe sagte der Historiker weiter: "Sehr viel Neues wird das nicht ergeben". Zum einen würden nicht alle Akten bis 1939 freigegeben, zum anderen kämen die Akten aus den Jahren 1939-45, die "wirklich interessant" seien, erst in einigen Jahren zur Veröffentlichung. Ehrlich bezeichnete es als "schlau", dass der Vatikan nicht stur bei der Haltung bleibe, keinerlei Akten freizugeben. Mit der nun angekündigten Veröffentlichung werde Flexibilität gezeigt, ohne jedoch Risiken fürchten zu müssen.

"Kein Vorbild"

Mit Blick auf die diskutierte Seligsprechung von Eugenio Pacelli, der 1939 als Pius XII. Papst wurde, meinte ehrlich, "dieser Papst ist und bleibt kein Vorbild für Bischöfe". Pius XII. hätte niemals zulassen dürfen, "dass unter seinem Fenster die Juden aus Rom deportiert wurden". Der Papst sei voll darüber informiert gewesen, dass den Deportierten die Ermordung bevorstehe. "Der Papst hätte selbst die Züge aufhalten müssen, die nach Auschwitz fahren sollten. Mit einer solchen persönlichen Tat würde die Kirche heute anders dastehen", unterstrich Ehrlich. Zu möglichen Konsequenzen für Pius sagte er, angesichts von sechs Millionen jüdischer Märtyrer hätte der Papst diese in Kauf nehmen müssen. Sein Verhalten gegenüber den Juden Roms sei das entscheidende Hindernis für eine Seligsprechung, so Ehrlich.

"Bedeutsame Geste"

"Anerkennung" hat der Internationale Rat der Christen und Juden (ICCJ) der Entscheidung des Vatikans gezollt, seine Archive über Deutschland bezüglich der Jahre 1922 bis 1939 vorzeitig zu öffnen. Das sei eine bedeutsame Geste, betont ICCJ-Präsident Rabbiner David Rosen in einem am Mittwoch in Heppenheim veröffentlichten Schreiben an Kardinal Walter Kasper.

In seinem Schreiben äußert Rosen die Überzeugung, die Öffnung der Archive ab Anfang nächsten Jahres werde klare Analysen von Geschichtsprotokollen zulassen und vor allem auch die bedauerlichen Verärgerungen auslöschen, "die sich in jüngster Zeit im Verlauf der im übrigen bemerkenswerten Entwicklung in den christlich-jüdischen Beziehungen der letzten Jahrzehnte ergeben hatten".

Kathpress
20. februar 2002

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