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Publisert 4. september 2000 | Oppdatert 6. januar 2011

Vatikanstadt, 2.9.00 (KAP) Mindestens 200.000 Gläubige werden am Sonntag im Vatikan zur Seligsprechung der beiden Konzilspäpste Johannes XXIII. (er regierte von 1958 bis 1963) und Pius IX. (er regierte von 1846 bis 1878) erwartet. Neben seinen beiden Vorgängern erhebt Papst Johannes Paul II. bei der Messe auf dem Petersplatz auch den italienischen Bischof und Ordensgründer Tommaso Reggio (1818-1901), den französischen Gründer der Marianisten Guillaume-Joseph Chaminade (1761-1850), sowie den irisch-belgischen Benediktiner-Abt Columba Marmion (1858-1923) zur Ehre der Altäre.

Neben breiter Zustimmung zur Seligsprechung von Johannes XXIII., der das Zweite Vatikanische Konzil einberief und die Kirche der modernen Zeit öffnete, war an der Ehrung für Pius IX. von verschiedenen Seiten Kritik laut geworden. Dem Papst, der mit dem Ersten Vatikanischen Konzil 1869/70 die päpstliche Unfehlbarkeit unter bestimmten Bedingungen und den Universalprimat des Papstes festschrieb, wird allzu schroffe Abgrenzung gegenüber den Entwicklungen des 19. Jahrhunderts vorgeworfen.

Ungewöhnliches Vorprogramm

Mit einem ungewöhnlichen Vorprogramm beginnt in Rom am Wochenende die Seligsprechung von zwei äußerst unterschiedlichen Päpsten: Am Vorabend der offiziellen Zeremonie findet am Samstag eine Pro- und eine Contra-Veranstaltung statt. Da versammelt sich einmal der römische Adel in der Kirche San Lorenzo, um mit vatikanischer Hymne und dem Ruf «Evviva il papa re (Es lebe der Papst und König)» des letzten Herrschers im 1870 untergegangenen Kirchenstaat zu gedenken. Gleichzeitig findet nahe dem Circus Maximus eine Protestdemonstration gegen die Seligsprechung statt. Hier werden neben liberalen und linken auch jüdische und protestantische Teilnehmer sowie Vertreter der Bewegung «Wir sind Kirche» erwartet.

Seit Wochen schon dominiert in Italien die Ehrung des herausragenden anti-liberalen Papstes der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Kommentarspalten. Für die Italiener geht es um viel: Pius IX. war der wichtigste Gegenspieler der antiklerikalen Bourgeoisie, die in der Epoche des «Risorgimento» den italienischen Staat schuf, der jahrzehntelang ausschließlich in der Hand der Repräsentanten von «Besitz und Bildung» war. Die Seligsprechung Pius IX. wird von den Vertretern des Laizismus daher als eine Infragestellung der Grundlagen des italienischen Staates gewertet. Da passte es ins Bild, dass ausgerechnet beim «Meeting für die Freundschaft der Völker» der katholischen Erneuerungsbewegung «Comunione e Liberazione» (Gemeinschaft und Befreiung) in Rimini eine Ausstellung gezeigt wurde, die das «Risorgimento» überaus kritisch hinterfragt.

Um politische Missverständnisse zu vermeiden, wird in vatikanischen Erklärungen seit Tagen darauf verwiesen, dass für die Seligsprechung eines Menschen allein seine persönliche Frömmigkeit und seine Leistungen für die Kirche ausschlaggebend seien, doch die politischen Bedenken der Gegner wurden dadurch nicht zerstreut.

Während Italiens Intellektuelle und Politiker also weiter die ideellen Schlachten des 19. Jahrhunderts schlagen, richtet sich die breite Aufmerksamkeit der Bevölkerung auf eine andere Seligsprechung. Denn am selben Tag wie Pius IX. soll auch Johannes XXIII. selig gesprochen werden. Als Modernisierer und Vater des «Aggiornamento» ist er gewissermaßen ein Gegenpol zu Pius IX., und seine Beliebtheit in der Bevölkerung ist 37 Jahre nach seinem Tod ungebrochen. Eine Sondersendung im italienischen Fernsehen über ihn schaffte Anfang der Woche eine Einschaltquote von 25 Prozent, Videos und Zeitschriften über sein Leben sind Verkaufsschlager an den Kiosken.

Vor allem die Generation der über 50-jährigen erinnert sich bis heute lebhaft an den «Papa buono». Dabei spielt nicht nur seine kirchengeschichtliche Stellung als Initiator des Zweiten Vatikanischen Konzils und der Reformen in der Kirche eine Rolle. Es sind vor allem auch die menschlichen Züge, die der aus armen Verhältnissen stammende Johannes XXIII. dem Papstamt verlieh und die mit dem asketisch-unnahbaren Auftreten seines Vorgängers Pius XII. kontrastierten. Bis heute ist in Rom ein bekanntes Restaurant nach ihm benannt - in Anspielung auf seine Vorliebe für mäßiges, aber gutes Essen und Trinken.

«Ganz Rom weinte, als er starb», erinnert sich Enzo, der Besitzer eines anderen Restaurants in Vatikan-Nähe, und erzählt sogleich eine der vielen Wunder-Geschichten, die über «Papa Giovanni» im Umlauf sind: Von einer belgischen Touristin, die nach einem Gebet am Papstgrab vom Krebs geheilt wurde. Unvergessen ist, wie Johannes XIII. in einfachen Worten mit den zu Tränen gerührten Insassen eines Gefängnisses sprach, oder dass er die Tochter des Sowjetführers Nikita Chruschtschow im Vatikan empfing. «Er hat Hände wie ein Bauer!», erinnerte sie sich später, und viele Römer berichten bis heute, er habe ein Auftreten gehabt wie ein einfacher Landpfarrer - ein Don Camillo auf dem Papstthron gewissermaßen.

Immer wieder rätseln Vatikan-Auguren darüber, warum Johannes Paul II. zwei so gegensätzliche Päpste gleichzeitig selig spricht - und das auch noch im Heiligen Jahr 2000. Eine Theorie besagt, dass er damit zwischen «Konservativen» und «Progressiven» in der Kirche ausbalancieren wolle. Doch die Wahrheit könnte tiefer liegen. Möglicherweise haben beide Päpste zusammengenommen etwas, was den beiden Seelen in der Brust des Karol Wojtyla ungefähr entspricht - vereinigt er doch in seiner Person konservative, gegen den Zeitgeist gehende Ideen mit einer offenen, auf Menschenrechte, Ökumene und Verständigung setzenden Linie.

Kathpress

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